Befreiung von den Nazis, aber nicht von deren Erbe

Heute gedenken wir am 75. Jahrestag des Tages der Befreiung vom Nationalsozialismus. Denn am 8. Mai 1945 kam es zur bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht und damit endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Allerdings sehen wir im weiteren Verlauf der deutschen Geschichte und vor allem in jüngster Vergangenheit und Gegenwart, dass die Welt zwar von der direkten Diktatur der Nazis befreit wurde, aber ihre Vorstellungen von Antisemitismus, Rassismus und anderen menschenfeindlichen Positionen keineswegs verschwunden sind. Wir müssen weiterhin äußerst wachsam sein, damit sich die böse Minderheit nicht durchsetzt.

Das Dokument der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht vom 8. Mai 1945.
Foto: Wikimedia Commons, Neptuul, Kapitulationserklaerung der Deutschen Wehrmacht, 8 Mai 1945, CC BY-SA 4.0

Der lange Weg zur Aufarbeitung

Als die Alliierten ins Deutsche Reich kamen und die Konzentrationslager befreiten, konfrontierten sie die Einheimischen vor Ort und im Film mit dem, was sie in den Zentren des Massenmords vorfanden. Doch es dauerte noch viele Jahre, bis die Deutschen einigermaßen begriffen, was zwischen 1933 und 1945 passiert war. Erst die Auschwitzprozesse, die 68er-Bewegung und die Holocaust-Filmreihe brachten die Aufarbeitung voran. Mit Richard Weizsäckers berühmter Rede kam der Begriff vom Tag der Befreiung ins Spiel.

Zahlreiche Informationen

Heute gibt es zahlreiche Gedenkstätten, die wir besuchen können und auch sollten. In zahlreichen Filmen werden unterschiedliche Aspekte des Holocausts beleuchtet. Wir können uns mit Anne Franks Tagebuch und vielen anderen Berichten von Zeitzeugen beschäftigen. Zu verschiedenen Jahrestagen wie Kriegsbeginn, dem Holocaust-Gedenktag und jetzt zum 8. Mai gibt es außerdem zahlreiche Zeitungsartikel, Reportagen und TV-Dokumentationen rund um die Thematik. Es gibt also genug Möglichkeiten, sich über die NS-Zeit zu informieren und sich damit näher zu beschäftigen.

Wachsam sein und Widerstand leisten

Doch es reicht nicht, nur etwas über die Zeit des Nationalsozialismus zu wissen. Wir müssen auch daraus lernen und uns heute entsprechend verhalten. Bei gewissen Teilen der deutschen Bevölkerung funktioniert das auch in der Gegenwart nicht. Die AfD und ihre Straßentruppen von Pediga reden seit ein paar Jahren wieder so offen rassistisch und menschenfeindlich wie ihre Vorbilder aus den 1930er Jahren.

Deshalb muss die große Mehrheit der vernünftigen Menschen in diesem Land und weltweit wachsam sein. Wir wissen schließlich, dass sich das Nazi-Regime Schritt für Schritt zur Diktatur entwickelte und nicht plötzlich da war. Daher müssen wir jeden Tag, nicht nur heute, unsere Stimme erheben gegen die Verbrecher, die andere Menschen ausgrenzen wollen. Die Widerstandskämpfer der NS-Zeit haben es uns vorgemacht, auch wenn es bis zum 8. Mai 1945 dauerte, bis der Zweite Weltkrieg in Europa offiziell beendet war.