Das sang Herbert Grönemeyer 1986. Seitdem sind viele Jahre vergangen, aber in den Aussagen steckt weiterhin etwas Wahres. Wir sollten uns mehr an unseren jüngsten Mitmenschen orientieren, uns öfter wie Kinder verhalten. Das wird auch in diesen Wochen deutlich. Schauen wir uns das also mal genauer an. Ich rede hier übrigens von kleinen Kinder bis zum Grundschulalter und nicht von älteren Kindern, die schon (fast) Teenager sind.
Immer Neues lernen
Kleine Kinder sind wissbegierig. Sie lernen jeden Tag etwas, selbst wenn sie noch nicht zur Schule gehen. Das gilt nicht nur für die Sprache, bei der in jungen Jahren der Wortschatz regelrecht explodiert, sondern auch für viele andere Themen. Kinder erkunden die Welt um sie herum, sie lernen Menschen und Verhaltensweisen kennen und müssen sich ständig neu orientieren. Sie stellen ständig die wichtigste Frage überhaupt: Warum?
Für uns Erwachsene sind Fortbildung und lebenslanges Lernen oft nicht selbstverständlich. Menschen, die in Routinen festhängen, müssen davon erst überzeugt werden. Auch die Fähigkeit zum komplexen Denken, zum Erkennen und Verstehen von größeren Zusammenhängen ist immer seltener zu finden. So wird Intelligenz durch einfache Gedanken oder Verschwörungstheorien ersetzt.
Vielseitiges Interesse
Kinder sind vielseitig interessiert. Sie können innerhalb von Minuten von einer Beschäftigung zur anderen wechseln. Spätestens mit dem Beginn der Schulzeit müssen sie zwar lernen, Geduld zu haben und sich längere Zeit auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Doch diese Flexibilität ist bemerkenswert.
Erwachsene Menschen sind hingegen mit Multitasking oft überfordert. Das zeigt sich auch in den Nachrichten und bei öffentlichen Diskussionen. Da steht oft nur ein Thema gleichzeitig in der Aufmerksamkeit. Wenn ein neues Thema auftaucht, wird der alte Inhalt verdrängt. Die Darstellung der schon erwähnten größeren Zusammenhänge fehlt.
Offenheit für Neues, Blick in die Zukunft
Kleine Kinder sind offen für Neues. Das hängt natürlich mit dem ständigen Lernen zusammen. Angesichts ihres jungen Alters spielt die Vergangenheit in ihrem Leben keine besondere Rolle. Sie leben in der Gegenwart und blicken neugierig auf die Zukunft („wenn ich mal groß bin“).
Viele Erwachsene, vor allem in konservativen Gesellschaften wie bei uns in Deutschland, hängen hingegen an Traditionen und der Vergangenheit. „Das haben wir immer schon so gemacht“, ist ihr Motto. Heutzutage ist diese Haltung jedoch schädlicher als je zuvor.
- Beispiel Corona: In der Covid-19-Pandemie brauchen wir schnell neue Erkenntnisse und eine Strategie, wie wir mit den Maßnahmen und ihren Folgen umgehen.
- Beispiel Klimawandel: Bei diesem Dauerbrenner müssen wir uns noch viel mehr an der Zukunft orientieren, um in der Gegenwart die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.
- Beispiel Bildung und Digitalisierung: Einseitige Wissensvermittlung mit Frontalunterricht vor der grünen Tafel ist Bildung aus der Vergangenheit. Erfolgreich sind die Gesellschaften mit Strategien für gemeinsames Lernen mit Eigenverantwortung, mit der Einbeziehung moderner Technik.
Konflikte besser lösen
Kinder können gut mit Konflikten umgehen. Wenn es zu einem Streit kommen, begegnen sie sich mit offenem Visier und reden Klartext. Dann ist die Sache aber meistens schnell geklärt. Wenig später sind die Kontrahenten versöhnt und spielen wieder zusammen, als wäre nichts passiert. Hinzu kommt, dass ihre Auseinandersetzungen nicht durch Vorurteile oder noch schlimmere Probleme beeinflusst sind.
Wenn wir Erwachsenen hingegen auf die gegenwärtige Welt blicken, sehen wir gespaltene Gesellschaften. Extremismus und Rassismus nehmen wieder zu, die Bereitschaft, mit anderen Menschen zu reden und von ihnen zu lernen, nimmt ab. Das gilt für viele europäische Länder genauso wie in den USA und an anderen Orten. Konservative Einstellungen verstärken diesen Trend. Wir sollten uns wieder mehr darauf konzentrieren, was wir aus unserer Vielfalt lernen und wie wir gemeinsam eine gute Zukunft erreichen können.
Fehler, Verbote und Regeln
Kinder machen nicht denselben Fehler zweimal. Sie lernen schnell, dass es keine gute Idee ist, eine heiße Herdplatte anzufassen oder sonst irgendwas Dummes zu tun. Viele Erwachsene tun sich hingegen schwer, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen und das „Weiter so“ zu beenden.
Von Kindern lernen wir auch, dass einfache Verbote nichts bringen. Wenn man Kindern zum Beispiel Süßigkeiten wegnimmt, wollen sie erst recht etwas Süßes haben und werden unruhig. Stattdessen müssen wir Regeln erklären, immer wieder verdeutlichen, warum gewisse Maßnahmen wichtig sind. Die Corona-Regeln zum Beispiel werden umso besser akzeptiert, wenn man den Menschen erklärt, warum dieses und jenes vorgeschrieben oder verboten ist.
Mehr bewegen
Zum Schluss noch ein Punkt, der nicht so schön in die Reihe passt, aber trotzdem interessant ist: Kinder bewegen sich viel und das freiwillig. Auch da sollten wir Erwachsenen uns ein Vorbild nehmen. Möglichst viel Radfahren und zu Fuß gehen statt uns ins Auto setzen zum Beispiel. Außerdem befreit die Bewegung, vor allem an der frischen Luft, auch den Kopf, den Geist. Dann fällt es umso leichter, klar zu denken und vernünftig zu handeln.
Kinder als Vorbilder
Wir sehen also, dass wir viel von Kindern lernen können. Ich nehme mich dabei selbst nicht aus, muss mir selbst den ein oder anderen Punkt aus den beschriebenen Gedanken immer wieder bewusst machen. Vielleicht steckt teilweise auch ein bisschen Klischee in den Aussagen. Aber auf jeden Fall können die Kinder Vorbilder sein. Lasst uns also gemeinsam „dem Trübsinn ein Ende“ bereiten!