Klimawandel wie Corona bekämpfen

Morgen, am 25. September, gibt es den nächsten globalen Streik von Fridays for Future zum Thema Klimawandel. Am heutigen Donnerstag hat der stern diesem Thema eine ganze Ausgabe gewidmet, die in Zusammenarbeit mit den jungen Aktivisten entstand. Beide Ereignisse zeigen, dass die Beschäftigung mit dem Klimawandel auch in der Corona-Zeit mindestens so wichtig bleibt wie die Bekämpfung der Pandemie.

Der Klimawandel ist schon weit fortgeschritten. Wir müssen die Natur und uns selbst retten.

Die Chefredaktion des stern räumt im aktuellen Heft selbstkritisch ein, dass sie die Gefahr der globalen Erwärmung mit all ihren Folgen angesichts der Aufregung um Covid-19 etwas aus dem Blick verloren hat. Dabei zeigen die beiden Themen deutliche Parallelen. Sowohl der Klimawandel als auch das Virus beeinflussen viele Aspekte unseres Lebens.

Das fängt schon bei unserer persönlichen Gesundheit ein. Jeder Mensch kann sich das Virus einfangen, wenn er nicht aufpasst und keine Vorsichtsmaßnahmen ergreift. Beim Klima sind wir durch die Hitzewellen, durch Trockenheit und durch Unwetter gefährdet, schützen uns aber kaum davor.

Fortschritte in Digitalisierung auch fürs Klima

Viele weitere Bereiche des Lebens sind betroffen. Durch Corona hat die Digitalisierung, die in Deutschland teilweise noch steinzeitlich behandelt wird, mehr Aufmerksamkeit bekommen. Mehr Homeoffice und Videokonferenzen haben wir erlebt. Wir erkennen immer deutlicher, dass wir viele Aufgaben online erledigen können. Das führt zwar zu erhöhtem Datenverkehr, aber zu deutlich weniger Autofahrten und Flugreisen. Letzteres kommt durch den reduzierten CO2-Ausstoß dem Klima zugute, wenn wir es konsequent über die Pandemie-Zeit hinaus durchziehen. Die größere Beliebtheit von Lieferservices und Online-Shopping erzeugt allerdings zusätzlichen Verkehr.

Verkehr modern und kreativ denken

Daher brauchen wir intelligente Lösungen für den Verkehr. Elektromobilität ist da nur ein erster Schritt. Auch Lieferungen mit Drohnen lösen das Problem nur teilweise. Wir müssen bei der Mobilität kreativ und modern denken. Dazu gehört, das Radfahren zu fördern. Auf einem Fahrrad kann man weniger transportieren? Quatsch, es gibt Lastenfahrräder und für kleine Einkäufe kann man einen Rucksack mitnehmen.

Meine Heimatstadt hat vor einigen Tagen gefeiert, dass man Parktickets mit dem Handy bezahlen kann. Klingt fortschrittlich, ist es aber nicht. Wenn wir moderne Mobilität ernst nehmen, müssen wir die Autos möglichst aus den Innenstädten raushalten. Dabei hilft schon ein ziemlich altes Prinzip: Park and Ride. Mit einem Bus statt mehreren Autos geht es ins Zentrum. Je weniger Platz wir für Parkplätze verschwenden, desto mehr Platz haben wir für Parks. Jeder einzelne Baum oder Strauch, der ein Stück Asphalt ersetzt, trägt dazu bei, dass sich Städte weniger aufheizen.

Bisher zu viel Egoismus

Mehr Grün in den Städten lockt mehr Insekten und andere Tiere an. Die Biodiversität wird gefördert. Das betrifft öffentliche Gebäude und Grundstücke ebenso wie private. Vereinzelte Aktionen mit Blühstreifen oder Insektenhotels sind gut, aber nur symbolisch. Wie wenig sich manche Menschen für Natur interessieren, erkennt man an Vorgärten, die den Namen nicht verdienen, weil sie zu komplett toten Steinwüsten verkommen sind. Solche Steinwüsten sind nicht nur Zeichen von Faulheit, sondern auch Egoismus.

Gemeinsam gegen den Klimawandel kämpfen

Im Kampf gegen den Klimawandel müssen wir aber gemeinsam handeln. An den Demonstrationen und anderen Protestformen von Fridays for Future beteiligen sich viele Menschen. Wissenschaftler, Naturschutzorganisationen und Medien wie der stern unterstützen die Proteste und setzen Zeichen. Aber FFF und ihre Partner sind letztlich nur die Spitze des Eisbergs, der in der Arktis schmilzt.

Die Politik muss ehrgeizige Gesetze erlassen, klare Vorgaben machen und den Menschen ein Vorbild sein. Die Industrie muss energiesparend und möglichst emissionsfrei arbeiten und umweltfreundliche Produkte herstellen. Wir alle müssen etwas tun, indem wir Rad fahren, Müll vermeiden usw. Denn letztlich ist es wie bei den Corona-Maßnahmen mit Masken und anderen Regeln: Wir schützen andere und uns selbst.

Totschlagargumente

Wir kommen jedenfalls keinen Schritt weiter, wenn wir am Alten festhalten. Beim Ausstieg aus der Kohleindustrie und ähnlichen Umbrüchen werden oft Arbeitsplätze genannt. Das ist ein reines Totschlagargument. Arbeit ändert sich immer, sonst säßen wir immer noch als Jäger und Sammler in irgendeiner Höhle. Die Welt ist nicht untergegangen, als beispielsweise Kutscher durch Taxifahrer ersetzt wurden.

Bioprodukte und andere umweltfreundliche Dinge sind am Anfang oft teurer als altbekannte Sachen. Das bleibt aber nicht so. Auch die ersten Fernseher, Computer und Handys waren sauteuer. Heute hat jeder so ein Gerät. Alles wird billiger, wenn das Angebot wächst. Wir müssen nur wollen und die richtigen Alternativen anbieten.

Müll vermeiden

Bei Produkten aller Art ist der Müll, vor allem aus Verpackungen, ein großes Problem. Massenweise Plastik treiben im Meer und in Form von Mikroplastik gelangt es auch in unsere Körper. Statt uns aber angemessen um den Müll zu kümmern und wenigstens vernünftiges Recycling zu fördern, werden große Müllmengen einfach verbrannt (offiziell als thermische Verwertung bekannt) oder ins Ausland abgeschoben. Weg mit dem Dreck und der Verantwortung! Dabei ist die beste Möglichkeit, Müll zu vermeiden, ihn gar nicht erst zu produzieren. Wir können beispielsweise (unterwegs) Leitungswasser aus einer eigenen Metallflasche trinken. Unverpackt-Läden gibt es noch viel zu selten. Bei geringeren Müllmengen brauchen wir auch weniger Mülleimer. Die Städte werden sauberer und die Aufenthaltsqualität steigt. Sich möglichst viel draußen aufzuhalten, ist ja sowieso schön, wie wir in der Corona-Zeit gelernt haben.

Klimaflüchtlinge

Dass die deutsche (und europäische) Politik gerne Verantwortung abschiebt, sehen wir bei einem weiteren Dauerbrenner: der Asylpolitik, also den Flüchtlingen. Auch dieses Thema ist eng mit dem Klimawandel verbunden. Denn in den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden wir nicht nur Menschen sehen, die vor Kriegen wie in Syrien fliehen, sondern auch Klimaflüchtlinge. Wenn wir über Fluchtursachen reden, die wir lösen wollen, müssen wir also auch auf Themen wie Trockenheit und andere Naturkatastrophen achten.

Nicht nur reden, sondern handeln

Deutschland ist mehrheitlich leider noch erzkonservativ. Doch die Politik muss die Probleme endlich angehen, statt sie weiter zu ignorieren oder kleinzureden. Vor allem junge Menschen, nicht nur bei FFF, haben das erkannt. Nicht zufällig kommen Forderungen nach einem aktiven Wahlrecht ab 16 Jahre auf, wie es aktuell beispielsweise schon bei der Kommunalwahl in NRW gilt.

Das Klima ändert sich. Warum wir nicht?

Viele Parteien reden vom Klimaschutz, weil sie sehen, dass die bei jungen Wählern beliebten Grünen damit erfolgreich sind. Aber nur Reden hilft nicht bei einem Problem, das längst bekannt und offensichtlich ist. Wir müssen handeln.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 und Covid-19 mussten in den letzten Monaten erstmals erforscht werden, weil beides völlig neu war. Trotzdem haben wir schnell und drastisch reagiert, viele Maßnahmen gleichzeitig umgesetzt, um die Gefahr in den Griff zu bekommen. Der Klimawandel ist hingegen schon seit Jahrzehnten bekannt, erste Hinweise gab es sogar schon beim Forschungsreisenden Alexander von Humboldt. Trotzdem reagiert die Mehrheit weiterhin so gut wie gar nicht oder nur sehr langsam. Wir müssen sofort etwas tun.

#keingradweiter