Am Sonntag, 13. September, findet bei uns in NRW die Kommunalwahl 2020 statt. Bürgermeister, Landrat, Kreistag und Stadtrat werden gewählt. Doch gerade bei den Wahlen der Personen, die in direkter Umgebung politisch aktiv sind, sank die Wahlbeteiligung in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr. Trotzdem wird mindestens genauso viel wie früher über alles gemeckert, was in der Stadt oder im Dorf (angeblich) schiefläuft. Da hilft nur eins: Aktiv werden! Der erste Schritt dabei ist die Nutzung des Wahlrechts.
Politik vor Ort auch in globalisierter Welt wichtig
Unsere heute Welt wird durch die Globalisierung immer komplexer und irgendwie hängt alles mit allem zusammen. Dennoch ist das, was vor unserer Haustür, in der eigenen Gemeinde, in der Heimat passiert, immer noch am wichtigsten. Schließlich halten wir uns in der nahen Umgebung die meiste Zeit unseres Lebens auf. Deshalb sollte es selbstverständlich sein, dass wir uns für das Geschehen vor Ort interessieren.
Denkt einfach mal nach. Jedem fallen Dinge ein, die sich in den letzten fünf Jahren in der eigenen Gemeinde verändert haben. Für meine Heimatstadt kann ich zum Beispiel die Neugestaltung von Marktplatz und Einkaufsstraße, die Renovierung von zwei zentralen Parks und die Einführung eines günstigeren City-Tickets für Bus und Bahn nennen; der Neubau eines Schwimmbads hat gerade begonnen. Wie wollen wir wohnen, einkaufen und uns fortbewegen? Welche Veranstaltungen gibt es in der Stadt? Solche Fragen betreffen jeden Einwohner.
Die Entscheidungen treffen an oberster Stelle Landrat und Bürgermeister sowie die dazugehörigen Gremien Kreistag und Stadtrat. Das sind genau die Posten, über deren personelle Besetzung wir bei der Kommunalwahl entscheiden. Wir wählen die Menschen, die in den nächsten Jahren die Geschehnisse in unserer Gemeinde leiten. Trotz aller Entscheidungen, die im Bundestag, in der EU oder sonstwo auf höherer Ebene fallen, ist die Politik vor Ort wichtig.
Geringe Wahlbeteiligung ein schlechtes Zeichen
Deshalb ist die zuletzt geringe Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl ein sehr schlechtes Zeichen. Es gibt sicherlich Erklärungen dafür. Viele Menschen fühlen sich von der Politik nicht ernst genommen. Zu viele von diesen unzufriedenen Menschen driften in die Welt von Verschwörungstheorien und Hass ab. Vor allem junge Menschen haben auch ein Problem damit, dass Deutschland insgesamt und viele Gemeinden politisch seit vielen Jahren sehr konservativ geprägt sind. Moderne Themen wie Digitalisierung und Klimawandel sind zwar sehr präsent, werden aber nicht ausreichend berücksichtigt. Es ist kein Zufall, dass unsere Straßen weiterhin mit inhaltsleeren Plakaten zugemüllt werden, während der Wahlkampf online nur sehr eingeschränkt stattfindet.
Jeder Bürger hat natürlich das Recht, sich nicht an der Wahl zu beteiligen. Wir haben keine Wahlpflicht, die auch kontraproduktiv wäre, weil ein wahrgenommener Zwang die Politikverdrossenheit wohl eher noch verstärken würde. Wer sich jedoch entscheidet, Nichtwähler sein zu wollen, sollte sich dann auch mit Gemecker über die Politiker zurückhalten.
Selbst vor Ort aktiv werden
Denn das beste Mittel gegen Unzufriedenheit ist immer noch, selbst aktiv zu werden. Das fängt schon damit an, sich überhaupt für das zu interessieren, was in der eigenen Umgebung passiert: Nachrichten lesen und hören, Diskussionen und Planungen verfolgen, mit offenen Augen durch die Stadt gehen, Veränderungen wahrnehmen, sich mit verschiedenen Menschen unterhalten.
Der nächste Schritt für jeden Menschen, der sich Veränderungen wünscht, ist dann, selbst etwas dafür zu tun.
- Wer über Leerstände in Einkaufsstraßen klagt, kann Einzelhändler durch einen Einkauf vor Ort unterstützen.
- Wer sich über dreckige Städte beklagt, kann durch eigenes sauberes Verhalten zur Verbesserung beitragen.
- Wer Probleme mit der Parkplatzsuche hat, kann mal mit dem Fahrrad oder Bus in die Innenstadt fahren.
- Wer zu wenig Aktivitäten im Ort wahrnimmt, kann sich an Veranstaltungen beteiligen und Mitglied in einem Verein werden.
- Wer möchte, dass die Politik sich für seine Interessen einsetzt, kann die Politiker vor Ort ansprechen.
Die Liste kann man beliebig fortsetzen. Oder um es in Anlehnung an John F. Kennedy zu sagen: Fragt nicht, was eure Gemeinde für euch tun kann – fragt, was ihr für eure Gemeinde tun könnt. Egal ob beruflich, im Ehrenamt oder als Privatperson, jeder kann etwas tun.
Wahlrecht als Glücksfall wahrnehmen
Wir können sehr froh sein, dass wir dank unseres Grundgesetzes unsere politischen Vertreter „in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl“ bestimmen dürfen. Männer und Frauen, alte und junge Menschen, reiche und arme Personen haben in unserer Demokratie das Wahlrecht, egal wie unterschiedlich sie sind. Wir können unsere Meinung frei äußern und uns bei Wahlen frei entscheiden.
Dass so etwas im Jahr 2020 immer noch nicht selbstverständlich ist, zeigt aktuell beispielsweise der Blick nach Belarus. In Russland, in den Trump-USA und anderen Staaten werden kritische Menschen ebenso verfolgt oder zumindest ungerecht behandelt. Aus der deutschen Geschichte kennen wir so etwas auch in besonders schlimmer Form.
In der Gegenwart darf bei uns jeder die Regierung auf nationaler und kommunaler Ebene kritisieren, ohne ins Gefängnis gesteckt zu werden. Wir können Politiker, mit denen wir unzufrieden sind, durch andere ersetzen, sofern sich dafür eine demokratische Mehrheit findet.
Betrachtet es daher als Glücksfall, dass ihr mit einem Kreuz auf dem Stimmzettel Einfluss auf die Politik nehmen könnt! Wenn ihr in NRW lebt, beteiligt euch am Sonntag an der Kommunalwahl! Wenn ihr woanders lebt, geht zu der nächsten Wahl, die bei euch stattfindet!