Ein Loblied auf das Bargeld

Immer werden Untergangsszenarien beschrieben oder Texte verfassen, die wie Hetzreden klingen. Nein, ich rede nicht von Politik. Es geht um einen deutschen Liebling neben Autos, Bier und Brot, nämlich um das Bargeld. Scheine und Münzen sind nämlich auch heute in der modernen Welt besser als ihr Ruf.

Bargeld bleibt sinnvoll und wichtig.

In letzter Zeit lese ich immer wieder Texte wie diesen beim Stern: „Wie die Deutschen beim Bezahlen die Zukunft verpassen“. Darin wird den Deutschen vorgeworfen, dass sie nicht modern seien, wenn sie immer noch Bargeld bevorzugen. Doch das Gegenteil ist richtig. Es ist sehr vernünftig, beim Bargeld zu bleiben. Wohlgemerkt: Ich bin viel im Internet aktiv und nutze mein Smartphone intensiv. Ich benutze Online-Banking, ab und zu auch Paypal. Aber ich brauche weder Kartenzahlungen noch ein System wie Google Pay, das gerade seinen Start in Deutschland versucht. Bargeld ist vor allem beim alltäglichen Bezahlen in Geschäften viel nützlicher und besser. Hier ein paar Argumente:

  • Es geht viel schneller. Wenn ich im Supermarkt an der Kasse stehe, weiß ich ungefähr, in welcher Größenordnung sich der Gesamtpreis meines Einkaufs bewegt. Ich hole schon einen Geldschein im passenden Wert heraus, gebe ihn der an der Kasse arbeitenden oder mich bedienenden Person und erhalte mein Rückgeld. Ich brauche nicht zu überlegen, in welche Richtung ich die Kreditkarte ins Lesegerät stecke, brauche keine Geheimzahl, keine Unterschrift. Einfach nur Geld hinlegen und Rückgeld nehmen.
  • Es ist sicherer. Ich brauche keine Angst vor leerem Smartphone-Akku, abstürzenden Apps, fehlendem Netz oder verlorenen Daten zu haben.
  • Es ist übersichtlicher. Wenn ich Bargeld ausgebe, werden die Scheine im Portemonnaie (vom Wert her) kleiner und das Geld wird offensichtlich weniger. Wenn die Geldbörse fast leer ist und ich neues Geld holen muss, werden die Ausgaben bewusster, nicht nur irgendwelche Zahlen kleiner.
  • Es hat keine Daten. Bargeld ist anonym. Auf den Scheinen und Münzen stehen weder mein Name noch sonst irgendwelche Angaben zu meiner Person. Das ist gelebter Datenschutz in Zeiten der DSGVO.

Sehr interessant ist auch dieser Artikel des englischsprachigen Magazins Quartz: „Why Germans pay cash for almost everything“. Da wird vor allem aus historischer Sicht schön beschrieben, warum Bargeld in Deutschland so beliebt ist. Der Blick von außen erweist sich mal wieder als hilfreich.

Nur ein Punkt nervt beim Bargeld: die zunehmende Abzocke seitens der Banken und Sparkassen. Vor allem bei Münzen ist es mittlerweile kaum noch möglich, das Bargeld einzuzahlen, ohne dafür horrende Gebühren zu bezahlen. Bei kleinen Münzen (unter 0,20 €) könnte ich mir eine Abschaffung vorstellen und wäre damit einverstanden. Aber nur beim Kleinkram. Der Rest des Bargeldes muss bleiben!