Die künstliche Intelligenz ChatGPT wird ein paar Monate nach ihrem Start weiterhin intensiv diskutiert. Auch ich habe ich mich in diesem Blog schon mal mit der neuen Software beschäftigt. Viel Aufregung gibt es um die Frage, ob ChatGPT dem Bildungssystem schadet, weil es das Schummeln bei schriftlichen Arbeiten vereinfacht. Viel interessanter ist es jedoch, aus den Schwächen des Programms positive Ansätze zur Verbesserung der Bildung zu gewinnen.
Wissen statt Informationen abfragen
ChatGPT liefert im Gegensatz zu Google mehr oder weniger ausführliche Antworten und kann diese in vollständigen Sätzen und Texten formulieren. Dabei weiß das Programm aber nicht wirklich, was es da erzählt. Es hat nur anhand riesiger Textmengen, mit denen es gefüttert wurde, gelernt, welche Wörter und Sätze oft aufeinanderfolgen und wie bestimmte Textsorten aufgebaut sind. Letztlich sind die Antworten das Ergebnis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Das Bildungssystem muss sich deshalb vermehrt darauf konzentrieren, wirklich Wissen statt Informationen zu vermitteln und genau das auch abzufragen. Eine Prüfung in der Schule oder Universität ist keine Quizshow. Wissen ist schließlich mehr als eine Liste von Fakten. Wer ein Thema wirklich verstanden hat, kann Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden, Zusammenhänge erklären und Hintergründe verstehen. Dafür braucht man menschliche statt künstliche Intelligenz.
Nachfragen und kritisches Denken üben
Wenn man mit dem Ergebnis einer Google-Suche nicht zufrieden ist, muss man eine neue Suche starten. ChatGPT ermöglicht es jedoch, ähnlich wie in einem menschlichen Gespräch nachzufragen. Genau das muss auch fest zum Bildungssystem gehören. Wir müssen lernen, die Dinge nicht einfach so hinzunehmen. Wer nachfragt, beschäftigt sich automatisch intensiver mit einem Thema.
Kritisches Denken ist eine wichtige menschliche Fähigkeit. So entdecken wir mögliche Fehler und Schwächen in einer Aussage. Gerade in Zeiten von Fake News und Kriegspropaganda ist das besonders wichtig.
Sprachliche Fähigkeiten verbessern
Auf den ersten Blick und oberflächlich betrachtet, wirken die Texte, die ChatGPT ausspuckt, ziemlich gut. Daher wird viel darüber diskutiert, inwiefern man jetzt und in Zukunft von Menschen und Computern erzeugte Texte unterscheiden kann. Entsprechende Erkennungssoftware wird schon entwickelt.
Das beste Werkzeug ist aber auch hier der kritisch denkende Mensch. Mit entsprechender sprachlicher Erfahrung erkennt man entsprechende Schwächen von ChatGPT. So wiederholt das Programm in seinen Texten zum Beispiel oft das Stichwort, um das es geht, statt es mal durch Pronomen, Synonyme oder Umschreibungen zu ersetzen. Oft kommen die gleichen Floskeln und Formulierungen vor. In längeren Texten, die man von ChatGPT anfordert, fehlen Namen und aktuelle Informationen.
Lebenslang lernen
Einem der größten Probleme von ChatGPT begegnet man, wenn man das Programm nach aktuellen Informationen fragt. Sein Wissensstand ist nämlich veraltet. Bei entsprechenden Fragen liest man in den hilflosen Antworten, dass es keine Daten hat, die neuer als 2021 sind. ChatGPT hat nämlich im Gegensatz zu Google schlicht keinen direkten Zugang zum Internet und den neusten Informationen.
Auch wir Menschen müssen lebenslang lernen und uns weiterentwickeln. Selbst bei historischen Themen gibt es schließlich immer wieder neue Erkenntnisse. Es ist ja kein Zufall, dass Wikipedia-Artikel im Gegensatz zu altertümlichen, gedruckten Enzyklopädien ständig überarbeitet und aktualisiert werden. Damit so ein aktuelles Lernen möglich ist, müssen wir die Digitalisierung des Bildungssystems viel schneller vorantreiben.
Das Bildungssystem reformieren
Keine Software funktioniert dauerhaft ohne Updates, keine Website ohne Aktualisierung. So werden ChatGPT und andere künstliche Intelligenzen natürlich immer weiterentwickelt, um den menschlichen Fähigkeiten so nahe wie möglich zu kommen.
Wenn wir damit richtig umgehen wollen, müssen wir auch ganz allgemein das Bildungssystem reformieren und modernisieren. Das heißt nicht, dass wir Klassiker der Literatur, historische Themen u.ä. aus dem Lehrplan streichen und in der Schule nur noch online sind. Aber wir können beispielsweise Goethe in die digitale Welt bringen und aus der Geschichte etwas über die Hintergründe aktueller Konflikte vermitteln.