Futurissimae im Check: Nun sag, wie hast du’s mit der Politik?

Im März 2021 habe ich in meinem Blog eine Kurzgeschichte aus Futurissimae erzählt. Dabei habe ich anhand der von mir ausgedachten Stadt gezeigt, wie das Leben in einer besseren Zukunft aussehen könnte. Nun greife ich in einer kleinen Serie einzelne Aspekte aus dieser Vision auf. Ich möchte dabei überprüfen, wie der aktuelle Stand bei dem jeweiligen Thema ist und was man in Zukunft noch verbessern könnte. Im dritten Teil beschäftige ich mich mit der Politik.

Eine wichtige Wahl steht uns bevor: Am 9. Juni wählen wir die deutschen Abgeordneten für das Europaparlament. Viele Menschen gehen jedoch negativ an diese Entscheidung heran, indem sie ihre Stimme gar nicht abgeben oder sich voller Hass für eine rechtsextreme Partei entscheiden. Das muss nicht sein! Wir können Politik auch interessant und positiv gestalten und ihre zentrale Bedeutung für unser alltägliches Leben verdeutlichen. Genau das habe ich in meiner Zukunftswelt in Futurissimae versucht und jetzt betrachte ich das Thema nochmal ausführlicher.

Wie hast du’s mit der Politik? Diese Frage ist gerade besonders wichtig, weil in Kürze die Mitglieder für das Europaparlament gewählt werden.

Aktueller Zustand: Politisches Desinteresse, Wut und Extremismus

In Deutschland gibt es im Gegensatz zu anderen Ländern wie Belgien noch keine Wahlpflicht. Jeder Wahlberechtigte hat also das Recht, sein Wahlrecht nicht zu nutzen. Das tun seit Jahrzehnten leider viele Menschen, wie die Zahlen zeigen. Bei der letzten Europawahl 2019 lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 61,4% und das war sogar ein relativ hoher Wert. Bundestagswahlen sind traditionell noch die Abstimmungen mit der größten Beteiligung, aber die 76,4% im Jahr 2021 bedeuten trotzdem, dass fast ein Viertel der Wahlberechtigten inaktiv war. Auch bei regionaleren Abstimmungen, wo es klarer erkennbar um die Politik vor Ort geht, sieht es schlecht aus. So betrug die Wahlbeteiligung beispielsweise in NRW bei der Landtagswahl 2022 nur 55,5% und bei den dortigen Kommunalwahlen 2020 sogar nur 51,9%.

Viel zu hoch sind neben der Anzahl der Nichtwähler vor allem die Stimmenanteile für extreme Parteien. Hier ist natürlich vor allem die AfD zu nennen, die teilweise schon offiziell als gesichert rechtsextrem gilt. Sie stellt ungefähr ein Zehntel der aktuellen Bundestagsabgeordneten und kommt in den ostdeutschen Bundesländern, in denen Landtagswahlen bevorstehen, auf Anteile zwischen 23,4% und 27,5%. Ebenso steigt die Zahl politisch motivierter Straftaten immer weiter, vor allem im rechtsextremen Lager. Dabei werden nicht nur Wahlplakate zerstört, sondern auch Politiker körperlich angegriffen.

Bessere Politik braucht gute Informationen und klare Strukturen

Wie kann also die Politik in einer besseren Zukunft funktionieren? Zunächst brauchen wir mehr politische Bildung und die fängt schon beim Wahlsystem an. Bei der Europawahl ist das ja noch ziemlich einfach. Ich habe eine lange Liste von Parteien zur Auswahl und gebe einer davon meine Stimme. Wenn es bei der Bundestagswahl Erst- und Zweitstimme und im Hintergrund noch Regeln wie Überhangmandate gibt, tun sich manche politisch desinteressierte Menschen schon schwerer. Besonders schlimm wird es bei völlig undurchschaubaren Konstruktionen wie dem Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg. Hier sollte das KISS-Prinzip gelten: so einfach und zugänglich wie möglich.

Noch mehr Aufklärung brauchen wir über die Funktionen der verschiedenen Institutionen. Bundestag und Bundesrat zu unterscheiden, bekommt man als halbwegs politisch interessierter Menschen noch hin. Aber zu erklären, wo der Unterschied zwischen dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission liegt und warum der Rat der Europäischen Union und der Europäische Rat zwei verschiedene Einrichtungen sind, fällt schon deutlich schwerer (hier gibt es die Erklärung). Da können die komplizierten Strukturen zur Politikverdrossenheit beitragen.

Wie wir von der Politik profitieren

Bessere Informationen helfen ebenso bei der Frage: Was bringt mir die Politik? Vor allem auf europäischer Ebene fällt es vielen Menschen schwer, das zu verstehen. Die EU scheint weg zu sein von den Problemen und Wünschen der Menschen vor Ort. Deshalb müssen wir deutlicher zeigen, wie bedeutend die Europäische Union für alle Bürger ist.

Joko und Klaas haben das zuletzt in ihren 15 Minuten Sendezeit drastisch verdeutlicht:

Joko und Klaas haben gezeigt, was passieren würde, wenn es die EU nicht mehr gäbe.

Vor der letzten Europawahl 2019 habe ich in diesem Blog selbst schon mal eine Liste zusammengestellt: 12 Gründe, warum die Europäische Union wichtig ist. Diese Argumente gelten heute weiterhin und in den vergangenen Jahren sind natürlich weitere Punkte hinzugekommen. Dass wir einheitliche USB-Ladekabel bekommen und die Umwelt mit weniger Plastik zumüllen, beruht beispielsweise auf EU-Entscheidungen.

Solche Informationen müssen anschaulich und interessant vermittelt werden. Kaum jemand interessiert sich für schriftliche Wahlprogramme mit Dutzenden Seiten. TLDR – too long, didn’t read. Da kann man allein schon sprachlich einiges verbessern. Politik muss durch gute Kommunikation eine positive Wahrnehmung bekommen.

Hilfreich sind da zum Beispiel moderne Formate wie Youtube-Videos, die das Wichtigste zusammenfassen. Außerdem müssen die Politiker und Parteien lernen, wie man Social Media, die als Informationsquelle immer beliebter werden, angemessen nutzt und die potenziellen Wähler dort richtig anspricht. Initiativen wie #ReclaimTikTok können dazu beitragen, die Plattformen nicht den Extremisten zu überlassen.

Zusammenarbeiten statt streiten

In einer besseren Zukunft reden wir nicht mehr über „die da oben“. Wir verstehen und praktizieren die Demokratie dann so, wie sie vom Ursprung des Wortes gemeint ist, nämlich als Herrschaft des Volkes. Die Herausforderungen in der modernen Welt werden durch internationale Verflechtungen und komplexe Themen immer größer. Eine Aufgabe wie den Klimawandel können wir nur lösen, wenn wir zusammenarbeiten, statt wütend zu streiten.

Für eine bunte Welt in der Politik zusammenarbeiten

Gerade erst hat der Bundespräsident bei seiner Rede zu 75 Jahren Grundgesetz darauf hingewiesen, was wir „für eine stabile und starke Demokratie brauchen […]: funktionierende politische Institutionen und Bürgerinnen und Bürger, die sie – die Demokratie – zu ihrer Sache machen“.

In der Demokratie müssen sich alle Menschen beteiligen

Um das zu erreichen, haben wir genug Möglichkeiten.

  • Zuallererst sollten wir uns regelmäßig über die Politik informieren, statt blind zu meckern. Dazu brauchen wir die richtige Medienkompetenz, um seriöse Informationen von Propaganda und Fake News zu unterscheiden.
  • Dabei müssen wir verstehen, wie verschiedene Themen zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen, zum Beispiel Klimawandel, Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und persönliche Gesundheit.
  • Wir sollten unsere grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit positiv nutzen, um auf Probleme hinzuweisen und zugleich Ideen und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Gesellschaftliche Veränderungen entstehen nur, wenn irgendjemand den ersten Schritt macht.
  • Es gibt wesentlich mehr Möglichkeiten als den Gang zum Wahllokal, um sich politisch zu beteiligen. Dazu gehören beispielsweise Petitionen im Internet, die man mit wenigen Klicks unterschreiben kann. Man denke nur an den Protest gegen „Zensursula“, die gerade als EU-Kommissionspräsidentin wiedergewählt werden möchte. Eine weitere Möglichkeit, politisch Einfluss zu nehmen, sind die Bürgerbegehren, zu denen ich aus eigener Erfahrung schon mal etwas geschrieben habe. Außerdem werden die Bürgerräte langsam bekannter und beliebter.

Also, los geht’s! Informiert euch! Redet positiv über die Politik! Nutzt die Chancen! Engagiert euch! Und geht natürlich wählen! Es ist eure Wahl!