Zwei Ereignisse werden gerade verglichen. Auf der einen Seite steht die Rettung der thailändischen Jugendlichen aus der Höhle, auf der anderen Seite befinden sich die Flüchtlinge auf der Mittelmeer-Route. Für beide Gruppen ist die jeweilige Situation lebensbedrohlich. Doch nun wird kritisiert, dass vom Leid in Thailand viel ausführlicher berichtet wird als über die Toten im Mittelmeer. Wo sind die Grenzen unseres Mitleids?
Journalisten, egal ob bei der Zeitung, im Fernsehen oder bei Online-Medien, stehen immer wieder vor der Frage, worüber sie berichten sollen und in welcher Form sie das tun. Sie müssen den Nachrichtenwert einschätzen. Die erwähnte Geschichte aus Thailand hat derzeit einen höheren Wert als die Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. So lautet zumindest ein Vorwurf, der gerade laut wird. Der Vorwurf ist nachvollziehbar, wenn man die aktuelle Aufmerksamkeit für die Rettungsaktion sieht.
Die unterschiedliche Betrachtung lässt sich psychologisch erklärt. Einige Hinweise liefert Philipp Kanske in einem Interview mit dem Stern/Neon. Seine Argumente kurz zusammengefasst:
- Die Gruppe in Thailand ist kleiner und damit überschaubarer, während die vielen Toten im Mittelmeer zu einer abstrakten Zahl werden.
- Die Jugendlichen sind unverschuldet in die Situation geraten. Die Flüchtlinge werden hingegen mit Vorwürfen und Vorurteilen betrachtet.
- Die Empathie mit den Menschen in der Höhle ist größer, während die Menschen auf dem Mittelmeer allein schon sprachlich ausgegrenzt werden.
Auch wenn es sich erklären lässt, ist die ungleiche Behandlung natürlich beschämend. Das Mitleid stößt leider bei vielen Menschen an Grenzen.