Gestern Abend wurde in der Talkshow „Hart aber fair“ über den Sanierungsstau in Deutschland diskutiert. Im Wesentlichen ging es dabei um Probleme mit dem Mobilfunk, mit Straßen und mit der Deutschen Bahn. Doch die Sendung hatte selbst ein großes Problem. Die Schwächen in den drei Bereichen, die sowieso jeder kennt, wurden nur erwähnt. Es gab aber keinerlei ernsthaften Lösungsvorschlag. Es gab keine Aussage, dass irgendjemand sich mal darum kümmert, die Probleme tatsächlich anzupacken, um auf der Baustelle Deutschland etwas zu verändern.
Dabei werden die Mängel immer größer. Ich brauche keine Medienberichte, um das festzustellen. Dazu reichen die Eindrücke aus meiner direkten Umgebung bzw. Erfahrung . Beispiele:
- Vor ein paar Wochen habe ich eine Reise mit dem ICE unternommen, bei der innerhalb von ein paar Stunden alles vorkam, was das Image der Bahn seit Jahrzehnten unterirdisch macht: mehr als eine Stunde Verspätung, unangekündigte falsche Wagenreihenfolge, mangelhafte Durchsagen, ein unfrewilliger Zwischenstopp wegen eines technischen Defekts, Zwangsumstieg in einen anderen Zug, inkompetentes Personal, Einfahrt auf dem falschen Gleis, kaputte Türen.
- Direkt hier um die Ecke gibt es eine große Baustelle, die den Straßenverkehr an einer wichtigen Stelle erschwert. Nach einem Defekt an einer Abwasserleitung wurde diese vor gut einem halben Jahr eingerichtet und hat sich seitdem kaum verändert. Laut Berichten wird sich auch bis zum nächsten Sommer voraussichtlich nicht viel tun. In der Innenstadt gibt es viele weitere Baustellen.
- Ich habe mir schon oft Links zu Videos oder komplexen Websites bei Facebook vorübergehend gespeichert, um sie mir später anzusehen, weil das unterwegs ohne WLAN kaum funktioniert.
Ich möchte aber ja die Probleme nicht nur beschreiben, sondern auch Lösungsansätze vorschlagen.
Die Bahn
Beginnen wir mal mit der Deutschen Bahn. Hier wäre schon viel gewonnen, wenn sich die Bahn nicht nur für die teuren Fernzug-Kunden interessieren würde, sondern auch für die einfachen, aber regelmäßig aktiven Kunden. Die Pendler, die Berufstätigen, die Menschen, die (fast) jeden Tag mit einem Regionalzug von A nach B und von B nach A fahren. Diese Kunden zahlen pro Fahrt zwar nicht soviel wie jemand, der mit dem ICE quer durch Deutschland reist, aber es sind eben sehr viele Menschen und Fahrten. Wenn die Bahn dann noch die ewigen Probleme mit Verspätungen etc. in den Griff bekäme, wären es noch viel mehr. Dann müssten sich auch weniger Autos durch die Baustellen auf den Straßen drängen.
Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit gäbe es an den Bahnhöfen. Da hängen nämlich immer noch diese altmodischen Anzeigen, die Verspätungen sehr ungenau angeben, z.B. etwa 10 Minuten. Dabei sind genauere Daten vorhanden, wie der Blick in die DB-App zeigt. Denn dort kann ich lesen, ob es in Wirklichkeit 8 oder 12 Minuten sind. Vorausgesetzt, die Verbindung über den Mobilfunk funktioniert. Mit einem Monitor am Bahnsteig könnte man den wartenden Fahrgästen die gleichen Daten anzeigen wie in der App, die nicht jeder nutzen kann.
Es gibt natürlich noch viele weitere Aspekte: Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild, Investionen in funktionierende, moderne Züge, besserer Service … Aber der Beitrag soll nicht zu lang werden.
Straßen-Baustellen
Die Baustellen auf den Straßen müssen vor allem besser koordiniert und schneller abgearbeitet werden. Durch die schon erwähnte Baustelle nahe meiner Haustür und eine weitere Maßnahme wenige Kilometer weiter waren zeitweise zwei benachbarte Brücken über den Fluss nicht passierbar. Da wurden die Probleme nicht rechtzeitig behandelt und die Baumaßnahmen nicht vernünftig abgesprochen.
Von vielen Fahrten auf den Autobahnen kennen wir diese mehrere Kilometer langen Baustellen, auf denen wir sehr selten Arbeiter sehen. Warum werden da fünf Kilometer gesperrt, wenn nur auf ein paar hundert Metern gearbeitet wird? Eine gezielte Absperrung nur für die Abschnitte, auf denen wirklich etwas passiert, gäbe den Autofahrern mehr Platz und würde sowohl den Verkehr als auch die Nerven der Beteiligten erleichtern.
Mobilfunk und Digitalisierung
Hier wäre die wichtigste Maßnahme, den Kunden das zu geben, was sie bestellt haben. Das bezieht sich nicht nur auf technische Mängel und schwache Übertragungswege, die dafür sorgen, dass die Daten langsamer ankommen als im Tarif versprochen. Mindestens genauso schlimm ist die Willkür, mit denen die Telekommunikationsunternehmen die Verbindungen absichtlich einschränken, Stichwort Drosselung. Eine echte, uneingeschränkte Flatrate sollte keine Tarifoption, sondern selbstverständlicher Mindeststandard sein.
Allein hier in der Region gibt es Unternehmen, die mit relativ wenig Geld Elektroautos bauen, ein Forschungszentrum und mehrere Hochschulen. Es gibt also viel Potenzial an schlauen Menschen und moderner Technik. Leider blockieren die großen Unternehmen den digitalen Fortschritt, weil sie nicht investieren wollen. Dabei betrifft die Digitalisierung nicht nur Mobilfunk und Internet, sondern immer mehr Bereiche, auch den oben erwähnten Verkehr.
Wir müssen nicht nur über Probleme reden. Wir brauchen engagierte Menschen, die die Probleme lösen.